Ilja Tschaschnik
Suprematistische Komposition
1921/22
Aquarell, Tusche auf Papier
34 x 37,8 cm
Nikolai Suetin
Bauersfrau
1928/29
Tempera,
Collage (Büttenpapier)
auf Karton
31 x 24 cm
Ljubow Popowa
Kubofuturistische
Komposition mit Geige
1915
Öl auf Leinwand
87 x 58 cm
Wassily Kandinsky
An die See und die Sonne
1922
Aquarell, Tusche auf Papier
28,3 x 21,7 cm
El Lissitzky
Proun
1921–1923
Öl auf Leinwand
53 x 53 cm
Wladimir Nemuchin
Zerbrechlich
1996
Collage auf Leinwand
50,3 x 45,3 cm
Alexander Konstantinow
Aquädukt
2008
Holz, Stahl
4 x 30 x 1 m
Alexander Konstantinow
Haus „Unter der Linde“
2008
Holz, Stahl, Textil
7 x 7 x 4 m
Russische Avantgarde. Wurzeln der Sammlung Otten
4. Oktober 2008 – 30. Juli 2009
Die Schau „Russische Avantgarde. Wurzeln der Sammlung Otten“ zeigt mit repräsentativen Werken und Werkgruppen von 26 Kunstschaffenden die Anfänge und das Fundament der Sammeltätigkeit der Familie Otten.
Der zeitliche Bogen spannt sich von den Pionieren, wie Kasimir Malewitsch, Ljubow Popowa und Alexander Rodtschenko, bis hin zu aktuellen Positionen der zweiten Russischen Avantgarde von Alexander Konstantinow, Wladimir Nemuchin, Eduard Steinberg, Walery Orlow u.a.
Wahlverwandtschaften, Traditionen und Beziehungen werden anhand einer Auswahl von rund 40 Gemälden, Grafiken, Fotografien und Videoarbeiten aufgezeigt.
Das erste Viertel des 20. Jahrhunderts war in Russland von tief greifenden Umbrüchen geprägt. Kulturell waren die Jahre zwischen den beiden Revolutionen, von 1907 bis 1917, von der Weiterentwicklung der Malerei und Plastik in Richtung Gegenstandslosigkeit bestimmt. Parallel zu den historischen Umwälzungen und als Spiegelbild der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen suchten die russischen Kunstschaffenden nach neuen Wegen und entdeckten bislang ungeahnte Freiheiten. Sie kamen vom Impressionismus oder Symbolismus und fanden in der Auseinandersetzung mit der westlichen Avantgarde (Kubismus und Futurismus) einerseits und in der Rückbesinnung auf die eigene, russische Tradition (Ikonen und Verzicht auf Zentralperspektive) andererseits zu einer einzigartigen Vielfalt und Radikalität in ihrem Ausdruck.
Die Kunstschaffenden der Russischen Avantgarde (ca. 1910–1930) untersuchten die Kunst auf die ihr innewohnenden Fragen nach Farbe und Material sowie auf ihren Anteil am Leben der Menschen. Viele Künstler beteiligten sich am Aufbau einer neuen Gesellschaft mit neuen Lebensformen. Konkrete Figurationen von Künstlerinnen und Künstlern wie Ljubow Popowa, die in der Ausstellung „Russische Avantgarde. Wurzeln der Sammlung Otten“ mit einer Reihe für sie charakteristischer Werke vom Kubofuturismus bis zum Konstruktivismus vertreten ist, und Kasimir Malewitsch wurden als Muster für Stoffe oder als Bühnengestaltungen für das Theater eingesetzt und in den Dienst einer sich verändernden Gesellschaft gestellt.
Die Russische Avantgarde umfasst verschiedene Kunstströmungen, deren Entwicklung die Ausstellung „Russische Avantgarde. Wurzeln der Sammlung Otten“ in ihrer Gesamtheit aufzeigt: Der russische Suprematismus und der daran anschließende Konstruktivismus wurzeln in dem Bestreben, die Welt zu verändern und eine universelle, kollektive Kunst für alle, fern von Individualismus und Subjektivität, zu schaffen. In der Sammlung Otten ist Kasimir Malewitsch, der Begründer des Suprematismus, mit der Zeichnung „Quadrat und Kegel“ aus dem Jahr 1915 vertreten. Im selben Jahr malte der Künstler als Meilenstein in der Geschichte der modernen Kunst erstmals das „Schwarze Quadrat“, eine annähernd quadratische Fläche auf weißem Grund. Malewitsch hatte eine große Zahl von Anhängern, wie Nikolai Suetin, Ilja Tschaschnik, Iwan Kudrjaschow, Lasar Chidekel, die in der Ausstellung im Otten Kunstraum nahezu vollständig vertreten sind und mit ihren Werken die Entwicklung der Russischen Avantgarde widerspiegeln.
Der bedeutendste Vertreter der Konstruktivisten war Alexander Rodtschenko. Die Wende von den 1910er zu den 1920er Jahren markierte den Höhepunkt seiner Malerei. Aus dieser Zeit stammt das im Otten Kunstraum ausgestellte Gemälde „Konstruktion Nr. 95“ – eines der klassischen Meisterwerke des Künstlers. Erstaunlich ist die genaue Berechnung, der Rodtschenko folgt, indem er die Linien in Fächerform aus der unteren Bildecke energisch nach oben zieht.
Die Aktualität der gegenstandslosen Malerei in Russland belegen Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler der zweiten Avantgarde, welche sich auf das geistige Erbe berufen und dieses weiterentwickelt haben. Ein Hauptvertreter ist der 1953 in Moskau geborene Alexander Konstantinow, der seine Arbeiten in langwierigen handschriftlichen Prozessen auf Papier entstehen lässt. Akribisch setzt der Künstler Linien nebeneinander und erzeugt mit minimalen Verschiebungen Rhythmen. In dem zum Otten Kunstraum gehörenden Freigelände hat Alexander Konstantinow im Sommer 2008 zwei großformatige Installationen geschaffen. Die Objekte nehmen einen Dialog mit der sie umgebenden Architektur auf und bilden einen Brückenschlag zum Fundament der Sammlung Otten, der Russischen Avantgarde am Beginn des 20. Jahrhunderts.
Katalog
Zur Ausstellung „Russische Avantgarde. Wurzeln der Sammlung Otten“ ist im Verlag für Moderne Kunst Nürnberg ein Katalog in deutscher und englischer Sprache erschienen.
ISBN 978-3-940748-85-0
Preis: € 28,–